Leipzig liest ~ Vier Bilder vom Leben
Leipzig liest ~ Vier Bilder vom Leben
Vier Autor*innen stellen Kurzerzählungen vor
Unterschiedlich sind die Figuren, die in verschiedenen Zeiten und Orten ihren Platz finden wollen oder gefunden haben. Die Rede ist von der mittelalterlichen Johanna, die im Heute angesiedelt sein könnte; von der Staatenlosen Maria, von dem mehr als 60 Jahre toten Großvater und einer Ich-Figur, die nach dem Krieg aufwächst und sich als Tier fühlt.
Phantastisch einerseits, realitätsnah andererseits sind die Geschichten, geschrieben von lebenserfahrenen Frauen. Sie hören sich interessant an.
Autorinnen
Jutta Pillat, Linde Unrein, Gisela Kohl-Eppelt, Brunhild Fischer
Linde Unrein liest die Kurzgeschichte der Ulan ist noch unveröffentlicht und ist angedacht als Teil eines geplanten autofiktiven Romans.
Aus der Perspektive der betagten Ich-Erzählerin werden die Erinnerungen ihrer Nachkriegskindheit und Jugend verknüpft mit den aktuellen gesellschaftlichen Spannungen und kulturellen Strömungen, dabei werden die persönlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen methodisch als Prisma für allgemeinere Aussagen genutzt. Im Zentrum der Kurzgeschichte steht das Täter-Opfer-Thema, gesehen als Kontinuum und nicht als diametrales Gegensatzpaar. Aus dem Abstand zwischen dem erinnerten heiter-unschuldigen Erleben des Kindes und der lebenserfahrenen Perspektive der Ich-Erzählerin entsteht eine humorvoll bejahende und gleichsam trauernde Erzählhaltung.
Die Musikerin Brunhild Fischer ist seit Beginn der im Rahmen der Buchmesse „leipzig liest“ im Gohliser Schlösschen stattfindenden GEDOK-Lesungen, bei den Schriftstellerinnen immer wieder gefragte Begleiterin und Transformatorin ihrer Texte.
Sie wird die im Programm „Vier Bilder vom Leben“ gelesenen Texte der Schreiberinnen in ihrer gesamten Palette von Allgemeinheit bis hin zu eigenen emotionalen Erfahrungen, persönlichen Gedanken und träumerischen Ideen musikalisch nachempfinden und widerspiegeln.
Diese „zwischen den Zeilen“ erklingenden musikalischen Einwürfe verschaffen den Zuhörenden Zeit und Raum für Eigenes, Zeit zum Nachdenken, Reflektieren, in die Tiefe gehen und Transformieren.
Ein spannendes und unterhaltendes, aber auch harmonisierendes und überaus bereicherndes, erfüllendes Musik-Text-Erlebnis für alle.
Über die Prosa Dagmar Dusils schreibt Gabriel H. Decuble: „Und sei die einzelne Szene noch so skurril, das Übel auch noch so bedrückend, strahlen sogar die zwielichtigen Gestalten dieser Prosa pure unwiderstehliche Menschlichkeit aus.“ Bei der Durchsicht des Bandes „Entblätterte Zeit“ fallen zunächst die
Haikus auf, die jeder Kurzgeschichte vorangestellt sind. Die 5-7-5-silbigen Gedichte stimmen auf den jeweiligen Text ein. Dusil gibt Menschen in Grenzsituationen eine Stimme, lässt sie in ihrer Verletzlichkeit agieren.
Visionen und Hoffnungen stellen sich als Trugschluss heraus. Die unabdingbare Veränderung lässt die Protagonisten zweifeln und verzweifeln, ihr seelisches Gleichgewicht verlieren. „Der Himmel ist erschöpft trotz des satten Blaus“, heißt es in der Kurzgeschichte „Siebenschläfer“, wo die Kindheit der Tochter
nochmals lebendig wird am Totenbett der Mutter. Waisenkinder träumen sich durchs Leben. Menschen zerbrechen an ihrer Vergangenheit, wie der „Wettermacher“, der feststellt, dass sich die Zeit entblättert. Ein Schauspieler fertigt sich eine Designer-Biographie an und wird zum Erfinder seiner eigenen
Welt. Und was bedeutet ein Hundertmeterlauf für eine Siebzehnjährige?
Protagonisten wie Mioara sind im Zwischendasein der auseinanderdriftenden Identitäten gefangen. In der ihr eigenen poetischen Sprache („Die Stille zerbröselt“, „das Schweigen ist nass und klebrig wie Schnee“ in Silvesterabend) macht Dagmar Dusil die Veränderung und den Wandel greifbar.
Gisela Kohl-Eppelt | Malerin, Grafikerin, Musikerin und Literatin lebt und arbeitet in Leipzig.
„Ich sehe was, was du nicht siehst.
Ungebrochen, wie eine gigantische Welle
ist das Gebirge, in dem ich jetzt irre.
Bleibe ich stehen, höre ich das Echo der Schreie,
der Sirenen, der Motoren, der Kanonen.
Lange geht das nicht mehr gut auf diesen Wegen.
Wo finde ich noch Halt in dieser Abschüssigkeit?“
Sie liest Texte aus Anthologien, veröffentlicht vom Dachverband Altenkultur e. V. Als der Krieg vorbei ist, bin ich ein Tier, das immer Nahrung braucht. Mit 10 Jahren bin ich längst kein Tier mehr, sondern ein dickes Kind, das schwimmen lernen will, ein Junger Pionier, der nie eine Waffe tragen wird.
Doch die Glutnester neuer Kriege lauern überall. Was zählen da alte Schwüre.
Jutta Pillat hat sich neben der historischen Figur der Johanna von Orleans auch mit der romantischen Tragödie Schillers „Die Jungfrau von Orleans“ beschäftigt. Aus dramatischer Fassung entwickelt sie eine erzählerische Komponente. Johanna befindet sich in der Gefängniszelle. Scheinbar gibt es keinen Ausweg mehr. Die Autorin lässt teilhaben an einem Seelenflug der Johanna, der zur Befreiung führt. Sie hat Zweifel und Fragen. Statt definitiver Antworten werden dem Leser Erlebnisstationen vorgeführt. In unzähligen Varianten wurde der Johanna-Stoff verarbeitet: dramatisch, episch, lyrisch. Wo könnte Johannas Weg in der Gegenwart noch hinführen?
Eine Veranstaltung der GEDOK. Die GEDOK ist der Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstfördernden e.V., das älteste und europaweit größte Netzwerk für Künstlerinnen der Sektionen: Bildende Kunst, Angewandte Kunst / ArtDesign, Literatur, Musik, Interdisziplinäre Kunst / Darstellende Kunst.
Kunstinteressierte Frauen und Männer tragen in einer eigenen Sektion der Kunstfördernden zur Verwirklichung unserer Ziele bei.
Karten
Eintritt frei
Ein Veranstaltungsangebot der Gohliser Schlösschen gGmbH
in Zusammenarbeit mit der Leipziger Messe GmbH
Leipzig liest ~ Vier Bilder vom Leben
Vier Autor*innen stellen Kurzerzählungen vor
Unterschiedlich sind die Figuren, die in verschiedenen Zeiten und Orten ihren Platz finden wollen oder gefunden haben. Die Rede ist von der mittelalterlichen Johanna, die im Heute angesiedelt sein könnte; von der Staatenlosen Maria, von dem mehr als 60 Jahre toten Großvater und einer Ich-Figur, die nach dem Krieg aufwächst und sich als Tier fühlt.
Phantastisch einerseits, realitätsnah andererseits sind die Geschichten, geschrieben von lebenserfahrenen Frauen. Sie hören sich interessant an.
Autorinnen
Jutta Pillat, Linde Unrein, Gisela Kohl-Eppelt, Brunhild Fischer
Linde Unrein liest die Kurzgeschichte der Ulan ist noch unveröffentlicht und ist angedacht als Teil eines geplanten autofiktiven Romans.
Aus der Perspektive der betagten Ich-Erzählerin werden die Erinnerungen ihrer Nachkriegskindheit und Jugend verknüpft mit den aktuellen gesellschaftlichen Spannungen und kulturellen Strömungen, dabei werden die persönlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen methodisch als Prisma für allgemeinere Aussagen genutzt. Im Zentrum der Kurzgeschichte steht das Täter-Opfer-Thema, gesehen als Kontinuum und nicht als diametrales Gegensatzpaar. Aus dem Abstand zwischen dem erinnerten heiter-unschuldigen Erleben des Kindes und der lebenserfahrenen Perspektive der Ich-Erzählerin entsteht eine humorvoll bejahende und gleichsam trauernde Erzählhaltung.
Die Musikerin Brunhild Fischer ist seit Beginn der im Rahmen der Buchmesse „leipzig liest“ im Gohliser Schlösschen stattfindenden GEDOK-Lesungen, bei den Schriftstellerinnen immer wieder gefragte Begleiterin und Transformatorin ihrer Texte.
Sie wird die im Programm „Vier Bilder vom Leben“ gelesenen Texte der Schreiberinnen in ihrer gesamten Palette von Allgemeinheit bis hin zu eigenen emotionalen Erfahrungen, persönlichen Gedanken und träumerischen Ideen musikalisch nachempfinden und widerspiegeln.
Diese „zwischen den Zeilen“ erklingenden musikalischen Einwürfe verschaffen den Zuhörenden Zeit und Raum für Eigenes, Zeit zum Nachdenken, Reflektieren, in die Tiefe gehen und Transformieren.
Ein spannendes und unterhaltendes, aber auch harmonisierendes und überaus bereicherndes, erfüllendes Musik-Text-Erlebnis für alle.
Über die Prosa Dagmar Dusils schreibt Gabriel H. Decuble: „Und sei die einzelne Szene noch so skurril, das Übel auch noch so bedrückend, strahlen sogar die zwielichtigen Gestalten dieser Prosa pure unwiderstehliche Menschlichkeit aus.“ Bei der Durchsicht des Bandes „Entblätterte Zeit“ fallen zunächst die
Haikus auf, die jeder Kurzgeschichte vorangestellt sind. Die 5-7-5-silbigen Gedichte stimmen auf den jeweiligen Text ein. Dusil gibt Menschen in Grenzsituationen eine Stimme, lässt sie in ihrer Verletzlichkeit agieren.
Visionen und Hoffnungen stellen sich als Trugschluss heraus. Die unabdingbare Veränderung lässt die Protagonisten zweifeln und verzweifeln, ihr seelisches Gleichgewicht verlieren. „Der Himmel ist erschöpft trotz des satten Blaus“, heißt es in der Kurzgeschichte „Siebenschläfer“, wo die Kindheit der Tochter
nochmals lebendig wird am Totenbett der Mutter. Waisenkinder träumen sich durchs Leben. Menschen zerbrechen an ihrer Vergangenheit, wie der „Wettermacher“, der feststellt, dass sich die Zeit entblättert. Ein Schauspieler fertigt sich eine Designer-Biographie an und wird zum Erfinder seiner eigenen
Welt. Und was bedeutet ein Hundertmeterlauf für eine Siebzehnjährige?
Protagonisten wie Mioara sind im Zwischendasein der auseinanderdriftenden Identitäten gefangen. In der ihr eigenen poetischen Sprache („Die Stille zerbröselt“, „das Schweigen ist nass und klebrig wie Schnee“ in Silvesterabend) macht Dagmar Dusil die Veränderung und den Wandel greifbar.
Gisela Kohl-Eppelt | Malerin, Grafikerin, Musikerin und Literatin lebt und arbeitet in Leipzig.
„Ich sehe was, was du nicht siehst.
Ungebrochen, wie eine gigantische Welle
ist das Gebirge, in dem ich jetzt irre.
Bleibe ich stehen, höre ich das Echo der Schreie,
der Sirenen, der Motoren, der Kanonen.
Lange geht das nicht mehr gut auf diesen Wegen.
Wo finde ich noch Halt in dieser Abschüssigkeit?“
Sie liest Texte aus Anthologien, veröffentlicht vom Dachverband Altenkultur e. V. Als der Krieg vorbei ist, bin ich ein Tier, das immer Nahrung braucht. Mit 10 Jahren bin ich längst kein Tier mehr, sondern ein dickes Kind, das schwimmen lernen will, ein Junger Pionier, der nie eine Waffe tragen wird.
Doch die Glutnester neuer Kriege lauern überall. Was zählen da alte Schwüre.
Jutta Pillat hat sich neben der historischen Figur der Johanna von Orleans auch mit der romantischen Tragödie Schillers „Die Jungfrau von Orleans“ beschäftigt. Aus dramatischer Fassung entwickelt sie eine erzählerische Komponente. Johanna befindet sich in der Gefängniszelle. Scheinbar gibt es keinen Ausweg mehr. Die Autorin lässt teilhaben an einem Seelenflug der Johanna, der zur Befreiung führt. Sie hat Zweifel und Fragen. Statt definitiver Antworten werden dem Leser Erlebnisstationen vorgeführt. In unzähligen Varianten wurde der Johanna-Stoff verarbeitet: dramatisch, episch, lyrisch. Wo könnte Johannas Weg in der Gegenwart noch hinführen?
Eine Veranstaltung der GEDOK. Die GEDOK ist der Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstfördernden e.V., das älteste und europaweit größte Netzwerk für Künstlerinnen der Sektionen: Bildende Kunst, Angewandte Kunst / ArtDesign, Literatur, Musik, Interdisziplinäre Kunst / Darstellende Kunst.
Kunstinteressierte Frauen und Männer tragen in einer eigenen Sektion der Kunstfördernden zur Verwirklichung unserer Ziele bei.
Karten
Eintritt frei